"Der Standard"-online, 19.09.2000
::Koalitionskrach um Public Netbase
:VP verweigert der Wiener Internet-
und Kulturplattform jede weitere Unterstützung
Roman Freihsl
Wien - Public Netbase, dem international renommierten
Wiener Unternehmen in Sachen Kunst und Neue Medien,
soll wieder einmal hohe Ehre zu Teil werden: Im November
soll ihm der Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst
überreicht werden. Allein: "Es könnte durchaus sein,
dass mir der Herr Stadtrat den Preis ins Gefängnis bringen
kann", fürchtet Public-Netbase-Geschäftsführer Konrad
Becker. Denn seinem Unternehmen droht bis dahin mehr
als nur der Konkurs, da seitens des Bundes fix zugesagte
Subventionen gestrichen wurden - und nun auch auf Wiener
Ebene die Finanzierung wackelt. Die ÖVP legt sich quer.
"Die Verhandlungen ziehen sich schon seit April", berichtet
Becker im STANDARD-Gespräch. Und es geht um rund fünf
Millionen Schilling. "Wir sind aufgrund mündlicher Zusagen
Verpflichtungen eingegangen, die nun die konkursrechtlichen
Rahmenbedingungen sprengen könnten."
Begonnen habe es damit, dass die neue Bundesregierung
nicht nur die Basissubvention von zwei Millionen Schilling
gestrichen habe, "sondern auch sämtliche zugesicherten
Projektgelder. Sei es nun aus dem Wissenschafts-, Wirtschafts-
oder Außenministerium." Alles zusammen rund drei Millionen
Schilling. In der Folge war ins Auge gefasst worden,
dass die Stadt Wien ihre Unterstützung ausweitet. Erst
seien die entsprechenden Mittel über das Kulturressort
der Stadt Wien in Aussicht gestellt worden - dann habe
es "VP-interne Probleme" gegeben. Es folgte ein zweiter
Versuch über das Sozialressort - was erst kürzlich im
zuständigen Ausschuss am endgültigen Nein der VP scheiterte.
Häupl: "Machthybris"
So war Public Netbase am vergangenen Wochenende sogar
zum Thema beim Landesparteitag der SPÖ Wien geworden:
"Die ÖVP versucht, die Wiener Unterstützung zu streichen",
hatte dort der Wiener SP-Chef Michael Häupl in seinem
Referat mitgeteilt. "Und die Begründung ist nicht, dass
sie vielleicht schlecht wären. Nein, der einzige Grund,
der angegeben wird, ist, dass sie gegen die Bundesregierung
sind. Machthybris! Machthybris", wiederholte Häupl.
Es gelte "einmal mehr, den Anfängen zu wehren".
Görg: "Blödsinn"
"So ein Blödsinn", wehrt sich der Wiener Vizebürgermeister
Bernhard Görg (VP). "Eine regierungskritische Einstellung
kann niemals ein Ausschließungsgrund für Förderungen
sein." Die eigentlichen Hintergründe für die Ablehnung
der ÖVP wolle er aber vorerst nicht an die Öffentlichkeit
tragen - sondern noch mit der SPÖ ausdiskutieren: "Solange
ich keine offizielle Stellungnahme von der SPÖ habe,
bin ich nicht bereit, dazu etwas in der Öffentlichkeit
zu sagen."
Eines stehe für ihn aber fest: "Für uns ist es absolut
unvorstellbar, dass Public Netbase eine Förderung bekommt.
Und das ist auch keine Angelegenheit des koalitionsfreien
Raumes", droht Görg.
Sprich: Sollte sich die SPÖ eine andere Mehrheit mit
LiF und Grünen suchen, droht der Koalitionszwist um
Public Netbase richtig zu eskalieren.
Dies alles in Kombination mit dem vom Museumsquartier
aufgekündigten Präkarium und einer vom Bund initiierten
Betriebsprüfung - "wir sind ein gutes Beispiel für den
Weg von Diffamierung über Kriminalisierung und Schikanierung
zur Ruinierung", resümiert Becker.
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