"Der Standard"-online, 02.03.2001 11:23 MEZ
::Keine Zensur, dafür aber
leere Kassen
:Die Freiheit der Kunst oder der
österreichische Kulturkampf
"Was Kulturnation will, zumindest im Verständnis
der FPÖ, : die kulturellen Leistungen der Vergangenheit"
aber nicht ihre jeweils gegenwärtigen Akteure -
"Jelinek, Peymann . . . oder Kunst und Kultur",
gibt sie recht unverhohlen zu, fasst die Süddeutsche
Zeitung am Freitag die "Vaterlandslose Kunst"
in Österreich zusammen. Uwe Mattheiss bilanziert
ein Jahrhundet "Kulturnation Österreich"
und kommt zu Recht zwiespältigen Ergebnissen. Österreich
beschwöre die einstige Freiheit der Kunst, tue
sich aber mit den Risiken der aktuellen Kunstproduktion
weitaus schwerer.
Wirtschaft in Sachen Kunstsponsoring
"diskurs-unfähig"
Weil anstelle der Zensur, die "Politik der leeren
Kassen" trete, werde die aktuelle Kunstproduktion
kommerzieller und sei auf Kunstsponsoring angewiesen.
Die heimische Wirtschaft sei aber, "nach Jahrzehnten
des sozialpartnerschaftlichen Kooperationismus von Eigenverantwortung
ziemlich entwöhnt und in Sachen Kultursponsoring
schlicht diskurs-unfähig".
Ideologische Gängelungen als
weitere Möglichkeit Druck auszuüben
Trotz neoliberaler Wende, die unter der neuen Regierung
rasch nachgeholt wird, fällt der Rückzug der
Förderung in der Kulturpolitik weniger übersturzt
aus, wundert sich Mattheiss. "Die Diktatur der
leeren Kassen hat noch keine Theaterschließungen
verursacht. Stattdessen überziehen beide Regierungsparteien
das Feld der Kunst mit einer ganzen Reihe gezielter
ideologischer Interventionen und Gängelungen. Sie
versetzen das Land in einen neuerlichen Kulturkampf,
der bisweilen an die Auseinandersetzungen um den Wiener
Aktionismus während der ÖVP-Alleinregierung
Ende der 60er Jahre erinnert."
Widersprüchliche Positionen
der FPÖ
Die FPÖ zensuriere, zwar nicht, dafür aber
klage sie, wie im Fall des FPÖ-Abgeordneter, der
sich im satirischen Inhalt eine Otto-Mühl Bildes
als Akteur sexueller Handlungen wieder zu erkennen glaubte.
Andererseits stelle Haider sich und seine Partei als
Opfer von Zensur dar, die eine vorgebliche Hegemonie
der Linken den "anständigen Österreichern"
gegenüber ausübt, urteilt der Kölner
Journalist Mark Terkessides. Die FPÖ gibt vor,
in der Öffentlichkeit mit dem Rücken zur Wand
zu stehen, und rechtfertigt damit ihre aggressiven Mittel
der Auseinandersetzung.
Die Debatten über die Freiheit der Kunst, enden
in Österreich, so schliesst Mattheiss, meist mit
"der Beschwörung von Mindeststandards der
Kulturnation und der Begriff Kulturnation meine so gesehen,
"dass andere keine oder nur mindere Kultur haben".
(red)
Originalartikel
der Süddeutschen Zeitung (externer link) |