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Kunst/Museen/Kulturpolitik/Wien
KULT/25.05.2000
::Nutzer des Wiener Museumsquartiers:
Keine Pragmatisierungsmentalität
:Vom Auszug bedrohte Kunst-Initiativen
forderen
Konzept-Offenlegung
Wien (APA) - Ersatzräumlichkeiten und eine öffentliche
Konzeptdebatte über die Inhalte und Zielvorstellungen
des Wiener Museumsquartiers fordern die kleinen Institutionen
und Kulturinitiativen, die die ehemaligen Hofstallungen
wegen der bevorstehenden Renovierung des Altbestands
räumen müssen, wobei sie über die Möglichkeit
einer Rückkehr oder Nichtrückkehr im Unklaren
gelassen werden. ****
Bei einem Pressegespräch am Donnerstag im Museumsquartier,
wo das Depot bis April 2001 ausziehen muss, ließen
die von Obdachlosigkeit bedrohten "Drittnutzer"
Depot, Public Netbase t0 und basis wien Zweifel aufkommen,
ob die im Ministerratsvortrag von 1996 festgelegte "offene
und kulturell flexible Konzeption des Museumsquartiers",
deren darin vertretene Institutionen "nicht-hierarchisch
organisiert und autonom geführt und beworben"
werden sollen, überhaupt weiter als Zielvorgabe
gilt.
Die "Kleinen" halten dagegen, dass sie mit
ihrem abwechslungsreichen Spektrum in den letzten Jahren
im Museumsquartier sehr erfolgreiche Arbeit geleistet
und sich vollauf bewährt haben. Dass ihnen nun
von Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V) Pragmatisierungsdenken
vorgeworfen worden ist, empfindet die ehemalige staatliche
Kunstkuratorin Lioba Redekker (depot) als kontraproduktiv
und verletzend. "Wir haben nie einen Ewigkeitsanspruch
erhoben und es war klar, dass wir hier nur mit einem
Prekarium eingezogen sind, dass formal jederzeit widerrufen
werden kann" meinte sie.
Hinter dem provisorischen Besiedlungskonzept des Museumsquartiers,
stand aber auch das im Ministerratsvortrag zum Ausdruck
gebrachte Interesse, dass die sogenannten "Drittnutzer"
auch nach der offiziellen Eröffnung im Museumsquartier
bleiben können. Darin wurde festgehalten, dass
die zunächst provisorisch angesiedelten Kulturinstitutionen
sich "etablieren" und "erweitern"
können. "Wenn sich die Aktivitäten verdichten
und institutionalisieren, werden sie in den schon benützten
Teilflächen definitiv sesshaft werden oder in andere
Nutzungsbereiche ... nachrücken können",
wird aus dem Ministerratsvortrag zitiert.
"Erweitern"
und "etablieren" (und im internationelen Netz-
und Kunstnetzwerk bemerkenswert verankern) konnten sich
die Initiativen. Thomas Hübel (basis wien) kann
darauf verweisen, dass das basis-Projekt mittlerweile
Modellstatus besitzt, wie viele internationale Anfragen
belegen. Das im depot aufgebaute Archiv und dessen Datenbank
(Redekker: "Wir erfassen und bearbeiten das künstlerische
Erbe von morgen.") ist drauf und dran, zum wichtigsten
Online-Portal für zeitgenössische Kunst zu
wachsen, bei dem jetzt schon über 10.000 Künstler
und Kuratoren sowie tausende Aussteller und Institutionen
erfasst sind.
"Wir
haben stapelweise Konzepte geschrieben", weist
Konrad Becker (Netbase) Vorhaltungen zurück, dass
sich die Institutionen erst mit Konzepten zu profilieren
hätten. Es gab auch jede Menge Konzepte, Vorschläge,
Finanzierungspläne für die Umbau und Renovierungsphase,
die jedoch von der neuen Leitung der Museumsquartier
Errichtungs- und Betriebsgesellschaft nicht zu Kenntnis
genommen worden seien.
Becker fürchtet, dass das Museumsquartier zu einer
"Shopping Mall für Repräsentationskultur"
verkommen könnte und dass Österreich sich
damit auf eine "internationale Blamage" zubewegen
könnte. Eine Offenlegung der aktuellen Konzepte
zur künftigen Nutzung des Fischer-von-Erlach-Trakts
und eine öffentliche Debatte darüber wird
daher dringend gefordert. Entschieden abgelehnt werden
alle "Pläne, die in Richtung auf Fusion und
Verschmelzung der Einzelinstitutionen zielen".
Von Seiten des Bundes im Ungewissen gelassen, hoffen
die "Drittnutzer" nun auf die Stadt Wien,
die sich in einem Gemeinderatsbeschluss für den
Verbleib der Initiativen im Museumsquartier ausgesprochen
hat. "Wir vertrauen auf die Mechanismen der Zivilgesellschaft,
auf die freien Medien und die öffentliche Debatte",
betonte Becker.
(Schluss) ge/bz
APA559 2000-05-25/15:36
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