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Medien/Internet/Kunst/Festspiele/Linz/Wien
KULT/06.09.2000
::US-Künstlergruppe gibt
Ars Electronica-Preis an Public Netbase weiter
:Für "dissidente"
Haltung der österreichischen Netzkunstinstitution
Wien (APA) - Die im Wiener Museumsquartier ansässige
Internet-Kulturplattform "Public Netbase t0"
kommt unverhofft in den Genuss von 50.000 Schilling
Preisgeld. Wie Martin Wassermair von "Public Netbase
t0" am Mittwoch der APA mitteilte, hat die US-Künstlergruppe
"Institute for Applied Autonomy" am Montag
Abend im Rahmen der Verleihung des Prix Ars Electronica
ihre Auszeichnung für interaktive Kunst an die
Wiener Netzkunstinstitution weitergegeben - "als
Anerkennung für die regierungskritische Arbeit
von Public Netbase". ****
Das Institute for Applied Autonomy wurde für die
Entwicklung eines so genannten Graffiti Writers prämiert.
Der ferngesteuerte Roboter in Form eines Fahrzeugs sprüht
Texte, die von Internet-Usern eingegeben werden, auf
öffentliche Plätze. Bei der Vorstellung des
Graffiti Writers im Rahmen der Preisverleihung sprühte
der Roboter mit großen roten Lettern die Internet-Adresse
von Public Netbase auf den Boden des ORF-Landesstudios.
Die Künstlergruppe erklärte, sie wolle den
Preis der von Budgetkürzungen betroffenen Institution
zur Verfügung stellen, wobei die "dissidente"
Haltung von Public Netbase angesprochen wurde.
"Public
Netbase ist eingebunden in ein internationales Netzwerk
von Medieninstitutionen und weit über Österreich
hinaus renommiert", kommentiert Wassermair die
überraschende Unterstützung. "Wir versuchen,
regelmäßig und breit über unsere Situation
zu informieren und die Vorgänge rund um Public
Netbase auf unserer Homepage zu dokumentieren. Das vermitteln
wir auch immer der Regierung: Wenn sie glaubt, mit gewissen
Restriktionen gegen uns vorgehen zu können, geschieht
das nicht ohne internationale Aufmerksamkeit."
Als Beispiel für einen derartigen "Einschüchterungsversuch"
nennt Wassermair die von Kunststaatssekretär Franz
Morak (V) in die Wege geleitete Wirtschaftsprüfung
der Institution. Public Netbase vermutet dahinter politische
Motive, weil die Plattform unter anderem der Provider
für regierungskritische Initiativen wie "gettoattack"
oder "SOS Mitmensch" sei. "Wir haben
ja noch immer keinen Bescheid über Förderungen
oder Kürzungen", so Wassermair weiter. "Morak
will die Wirtschaftsprüfung abwarten, die diese
Woche stattfindet. Vorher verweigert er jedes Gespräch."
Public Netbase ihrerseits will nun die 50.000 Schilling
Preisgeld couragierten Web-Kultur-Projekten zugute kommen
lassen, "die in Bedrängnis geraten, aber unbeirrt
weitermachen". Eine unabhängige Jury soll
noch im Herbst einen oder mehrere Preisträger küren.
(Schluss) leh/whl
APA245 2000-09-06/12:16
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